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Klaus Schulze: Audentity (1983) (Review)

Artist:

Klaus Schulze

Klaus Schulze: Audentity (1983)
Album:

Audentity (1983)

Medium: Do-CD
Stil:

Elektronische Musik

Label: M.I.G.-Music/Indigo
Spieldauer: 154:23
Erschienen: 18.03.2016
Website: [Link]

Mit „Audentity“ lässt der Elektroniker Schulze voll und ganz seinen „Trakl“ raushängen und konzipiert eine Art elektronisches Konzeptalbum (Nur könnte man nicht im Grunde jedes Schulze-Album mit diesem Prädikat versehen?), das auf dem Buch „Sebastian im Traum“ von GEORG TRAKL aufgebaut ist und den gesamten Quell seiner Inspiration – die nicht gerade als überbordend spannend daherkommt – aus dieser Geschichte schöpft.
Viele jedenfalls dachten das, bis dann - aus Anlass der Veröffentlichungen des kompletten Schulze-Katalogs durch „Revisited Records“ im Jahr 2005, deren Neu-Ausgabe mit den genau gleichen Stücken inklusive der Bonustracks nun von MIG Music erneut im dreifaltigen Digipak samt 16seitigem Booklet veröffentlicht wird – Schulze im besagten Booklet höchstselbst feststellte: „‘Audentity‘ ist nicht, wie viele meinen, ein Konzeptalbum über Georg Trakl [expressionistischer österreichischer Dichter. 1887 – 1914]. Auf Trakl bezieht sich nur das Stück ‚Sebastian im Traum‘, das nach einem langen Gedicht von ihm benannt ist. Aber Trakl ist schon ein Lieblingsautor von mir. Er hat eine unglaublich schöne Lyrik geschrieben, auch wenn sie sehr düster ist – aber das passt ja zu meiner Musik und zu meiner Lieblingstonart Moll.“

Mit „Audentity“ hatte Schulze im Grunde (s)einen (Moll-)Moment erreicht, in dem er zu langweilen begann, ihm anscheinend die Ideen ausgingen und er trotz der tatkräftigen Unterstützung dreier weiterer Musiker – RAINER BLOSS, MICHAEL SHRIEVE und WOLFGANG TIEPOLD – sich in permanenten Electronic-Wiederholungen erschöpfte. Dem als „Pope Of Electronics“ und „Godfather Of Techno“ verehrten Pionier und Wegbereiter der elektronischen Musik fielen zwar noch lange, ausgiebige Stücke ein, aber sie versprühten nicht den Esprit seiner vorherigen Werke. Die 80er-Jahre waren nicht nur für die Musik-Kultur allgemein recht unangenehme, auch für KLAUS SCHULZE schienen sie ähnlich zu werden. Und so bekommen die Worte von Schulze einen ganz besonderen Sinn, wenn er in den 80ern während eines Interviews bemerkt, dass er sich beim Schreiben seiner Stücke an einen Autor erinnert fühlt, der einen Roman schreibt und irgendwann merkt, „dass die Personen in dem Roman nur das machen, was sie wollen. Viele meiner Kompositionen sind solche Selbstläufer. Aber frag‘ mich nicht, wie das kommt!“

Schon der knapp 25 Minuten lange Eröffnungstitel „Cellistica“ verweist zwar darauf, dass Cellist WOLFGANG TIEPOLD hier eine wichtige Rolle spielt, doch was soll er machen, wenn eine lahme Komposition oder digital sich ständig wiederholende Tonfolgen dem Stück zugrunde liegen? Was auf dem Vorgänger-Album „Trancefer“ noch richtig wirkungsvoll gelang, bliebt hier auf der Strecke. Und noch etwas anderes bleibt ebenso vergeudete Liebesmüh, worin eigentlich gerade bei diesem Album große Hoffnung gesetzt werden durfte. Immerhin war der SANTANA-Schlagzeuger MICHAEL SHRIEVE auf diesem Album mit dabei, mit dem Schulze zuvor 1976 das gigantische Supergroup-Projekt von STOMU YAMASHTA – zusätzlich noch mit AL DI MEOLA und STEVE WINWOOD – namens GO eingespielt hatte. Bei dem Konzert war dann sogar noch PHIL MANZANERA mit dabei. Dieser GO-Input ließ hoffen, dass er sich auch auf „Audentity“ überträgt. Doch schon nach dem ersten, das Album eröffnenden Longtrack-Langweiler durfte man diese Hoffnung begraben. Selbst wenn die weiteren fünf Titel der offiziellen (ohne Bonustitel) Veröffentlichung etwas dynamischer, vertrackter, atonaler und besser wurden, war weit und breit kein einziges GO-Fitzelchen oder wirklich Aufregendes bei diesem Schulze-Werk zu entdecken. Schulze schien mit seiner Musik ähnlich abgehoben zu sein wie der gemalte augen- und ohrlose Typ auf dem Cover.

Das Re-Release von „Audentity“ weist noch eine weitere Besonderheit auf. Es hat eine andere Titelreihenfolge als das Original. Diese Entscheidung war zwingend notwendig, da die CDs in ihrer gesamten Laufzeit gänzlich ausgelastet wurden, wobei CD 2 mit den fünf Boni sogar die 80-Minuten-Grenze knackt!

Und es wäre wirklich zu schade gewesen, wenn die 58 zusätzlichen Bonus-Minuten, die im Grunde die spannendsten und düstersten des gesamten Albums sind, da sie als Soundtrack für einen Horror-Film vorgesehen waren, gefehlt hätten: „Wenn wir die Stücke in der ursprünglichen Reihenfolge auf die CDs verteilt hätten, wäre auf der 2. CD nicht genug Platz für den langen Bonustrack gewesen. Darum habe wir die Stücke so umgestellt, dass die 58 Minuten von ‚Gem‘ auf die zweite CD passten. Das Stück ist zur selben Zeit wie die anderen Stücke entstanden. Es ist der Original-Soundtrack für ‚Next Of Kin‘ - ein Horrorstreifen, darum ist die Musik so düster, und darum sind die Sounds so aggressiv. Der Regisseur wollte allerdings so viele Änderungen an dem Soundtrack haben, dass die Musik im fertigen Film eine ganz andere war. Aber weil die Original-Tracks noch erhalten sind, haben wir sie jetzt an ‚Audentity‘ drangeklemmt.“

Ein schönes Schlusswort für dieses leider in einiger Hinsicht „Horror-Album“ von KLAUS SCHULZE.

FAZIT: Mit seinem dritten, rein digital eingespielten, Album „Audentity“ wartet KLAUS SCHULZE mit oftmals zu eintönigen, sich oft wiederholenden Rhythmen auf, die den Eindruck weckten, als würde Schulze erstmals seine Electronics – trotz tatkräftiger Unterstützung weiterer Musiker – in ein unpassendes Korsett zwingen. Die Enttäuschung anno 1983 war bei vielen Fans wohl gerade aus diesem Grunde recht groß, als sie „Audentity“ so rhythmisch steril aus ihren Boxen pluckern hörten. Dass RAINER BLOSS diesen Kritikern als Reaktion für ihr „Audentity“-Unverständnis allerdings offen vorwarf, sie wären nur zu blöd zum Denken, weil sie der Konsumgesellschaft erlegen sind und deshalb würden sie die Scheibe nicht verstehen, ist dann doch eher das beleidigte Leberwurst-Gehabe eines Musikers, der statt mit Kritik offen umzugehen und vielleicht daraus auch ein paar Anregungen zu entnehmen, sich als beleidigtes, „verkanntes“ Genie in die Schmollecke zurückzieht. Wenigstens für diese Erkenntnis war „Audentity“ gut!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 5688x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • CD 1 (74:20):
  • Cellistica
  • Spielglocken
  • Sebastian im Traum
  • CD 2 (80:03):
  • Tango-Saty
  • Amourage
  • Opheylissem
  • = Bonus Tracks =
  • GEM:
  • Gem
  • Tiptoe On The Misty Mountain Tops
  • Sink Or Swim
  • All The Angle Of An Angel
  • Of White Nights

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
Kommentare
Rico
gepostet am: 23.09.2019

User-Wertung:
15 Punkte

Stimmt, Herr Schulze hat wirklich viel Mist veröffentlicht (speziell so nach 1990).

Audendity gehört nicht dazu.

Wenn's der in den 70ern hängengebliebene Langhaarträger nicht verstanden hat ist das was anderes. Da hat Rainer leider vollkommen recht. Richtig schlimm aber wird es wenn man's 30 Jahre später immer noch nicht rafft was da passiert ist. Darwin nannte es Evolution.

Rico bam bam baba babam
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